Ausstellungen
Vom süßen Leben der Gesandten
Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags
Sänfte der Fürstin Maria Ludovica von Thurn und Taxis, um 1720 (Foto: Historisches Museum, Regensburg)
Wer möchte nicht auch einmal in einer Sänfte durch die Straßen getragen werden, in einer prunkvollen Wohnung residieren, kulturelle Spitzenveranstaltungen genießen, bei einem Festbankett erlesene Köstlichkeiten schlemmen und mit bedeutenden Persönlichkeiten plaudern? Die jüngst eröffnete Ausstellung im Historischen Museum Regensburg erinnert an die Reichstagszeit, in der dies alles an der Tagesordnung war. Von den Gesandten, die einst aus allen Teilen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation anreisten, schwelgten viele im Luxus. In der Donaustadt, die verkehrsgünstig zum Wiener Hof lag, traf sich der Kaiser seit dem Mittelalter immer wieder mit den Reichsständen zu gemeinsamen politischen Beratungen. Ab dem Jahr 1663 tagte dieses Gremium, zu dem die bedeutendsten Vertreter des Adels, des Klerus und der Reichsstädte gehörten, rund 150 Jahre lang pausenlos in Regensburg. Die Stadt wurde in dieser Zeit zum wichtigsten Schauplatz der europäischen Diplomatie und zur heimlichen Hauptstadt im Reich. Auch die Nachbarländer Russland, Frankreich, England und Schweden hatten hier ihre ständigen Beobachter. Das gesellschaftliche Leben der Deputierten war bestimmt vom höfischen Lebensstil und strengem Zeremoniell, angefangen von der Sitzordnung im Versammlungssaal des Alten Rathauses über die Kleiderordnung bis hin zum Tischgedeck. Der Kaiser war jedoch zumeist nicht persönlich in Regensburg anwesend, sondern ließ sich durch hochrangige Fürsten vertreten. Seit 1748 lag dieses Amt beim Fürstenhaus Thurn und Taxis, das keine Kosten scheute, um das Oberhaupt des Reiches glanzvoll zu repräsentieren. Die Stadt profitierte natürlich von der Anwesenheit dieser vielen finanzkräftigen und hochgestellten Persönlichkeiten, die sich nicht selten als Mäzene erwiesen und internationales Flair – die neuesten Kunst- und Modeströmungen, wie auch den aktuellsten Klatsch – mit sich brachten.
Die Ausstellung ist ein weiterer Höhepunkt im diesjährigen Veranstaltungsreigen um das Jubiläum „350 Jahre Immerwährender Reichstag in Regensburg“ in der Oberpfalz-Metropole. Unter dem Titel „„Von Prinzen, Bürgern und Hanswursten...!“ beleuchtet sie das Leben der High Society und der Bürger in jener Zeit. Die prunkvolle Hofhaltung der Thurn und Taxis bildet dabei einen der Schwerpunkte. Viele Leihgaben aus deren Sammlung führen nicht nur die Vielfalt der Festivitäten vor Augen, sondern geben auch Einblick in das damalige Post- und Transportwesen. Musik und Theater, das Kunstschaffen, die Jagd, Gesellschaftsspiele, das Gastgewerbe, die kulinarischen Spezialitäten, Frömmigkeit und Begräbniskult, Bildung und Forschung dieser kulturgeschichtlich reichen Epoche werden mit aussagekräftigen Objekten schlaglichtartig beleuchtet. Auf einem interaktiven Stadtplan kann man abfragen, wo die Diplomaten einst wohnten, speisten und sich amüsierten. Aber auch ihr Ende wird dokumentiert. Ein Monitor gibt Auskunft darüber, an welche Persönlichkeiten die Grabplatten im Gesandtenfriedhof heute noch erinnern.
„Von Prinzen, Bürgern und Hanswursten...!“ Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags. Ausstellung im Historischen Museum Regensburg, 10.11.2013 – 9.2.2014, Di.-So. 10-16 Uhr, Katalog (304 S.,200 Abb., Verlag Schnell & Steiner Regensburg), 24, 95 Euro.
Chr. Riedl-Valder
aus: Altbayerische Heimatpost 50, 2013, S. 21
Barockschlitten (Foto: Historisches Museum Regensburg)
Thorn des Prinzipalkommissars im Schloss Thurn und Taxis, Regensburg (Foto: Historisches Museum, Regensburg)