Großes Engagement für´s Heimatdorf

Maria Ostermeier aus Kollersried schrieb eine Ortschronik

Maria Ostermeier aus Kollersried schrieb eine Ortschronik

 

„Gott sei Dank wusste ich vorher nicht, was mich erwartet“, meint die Autorin im Rückblick auf die sechs Jahre, die sie an ihrem opulenten Werk gearbeitet hat. Am Anfang ging es ihr eigentlich nur darum, mehr Informationen über ihre eigenen Vorfahren zu bekommen. „Schon meine Mutter hat sich sehr für die Geschichte unserer Familie interessiert und die Kontakte zur Verwandtschaft gepflegt. Dieses Hobby habe ich dann von ihr übernommen“, berichtet Maria Ostermeier. Als die Kinder größer waren und ihr das Familienleben wieder etwas mehr Zeit ließ, intensivierte sie ihre Forschungen und besuchte die Archive, um Licht in die Vergangenheit ihrer Verwandtschaft zu bringen. Die gelernte Industriekauffrau musste sich dafür neue Fähigkeiten aneignen. Das Lesen und Verstehen altdeutscher Schriften und die Übertragung in modernes Deutsch stellte anfangs ein schwieriges Hindernis dar, aber die Neugier und das Interesse waren ein großer Antrieb. Mit der ihr eigenen Tatkraft machte sich Maria Ostermeier ans Werk und suchte sich die nötige Unterstützung im Bekanntenkreis und bei den einschlägigen Experten. Sie fand es faszinierend, die Spuren der eigenen Sippe über Jahrhunderte zurückzuverfolgen. Bald stellte sich heraus, dass ihre Eltern, die beide aus Kollersried stammten, Vorfahren in acht Anwesen des Dorfes hatten. Die Anzahl der Personen, über die Ostermeier Informationen sammelte, wuchs daher immer mehr an. Indem sie den verschiedenen Verzweigungen ihrer Familie nachspürte, zogen ihre Forschungen immer weitere Kreise. Letztlich gelang es ihr, ihre Ahnenreihe bis in das Jahr 1688 zurückzuverfolgen. Nebenbei entdeckte sie aber auch viele andere interessante Details aus der Geschichte des Ortes, so dass ihr Material eine ganze Reihe von Ordnern füllen konnte. Als man nun im Rahmen der geplanten Dorferneuerung daran dachte, erstmals eine Ortschronik von Kollersried zu erstellen, wussten die Einheimischen sofort, wem sie diese Aufgabe anvertrauen konnten.

Maria Ostermeier erklärte sich dazu bereit und machte sich im Jahr 2002 an die Arbeit. Es galt nun, auch die Geschichte der übrigen Anwesen und deren Besitzer zu erforschen und eine allgemeine Übersicht über die Entwicklung des Dorfes von seiner ersten Erwähnung im Jahr 1138 bis in die Gegenwart zu schreiben. Unterstützung erhielt sie dabei vom Amt für Ländliche Entwicklung, von Historikern und den Angestellten im Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg und im Amberger Staatsarchiv, wo sie nun oft zu Gast war. Daneben recherchierte sie in ihrem Heimatdorf bei den einzelnen Familien und sammelte alte Fotos und Dokumente. Im Laufe der Zeit stieß sie bei der Untersuchung alter Landkarten und Katasterpläne auf viele Flurbezeichnungen in der Umgebung des Dorfes. „Fast jeder Acker und jedes kleine Wiesenstück hatte einst seinen eigenen Namen. Leider gerieten die Bezeichnungen im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit“. Diese Entwicklung findet die Autorin bedauerlich, da die alten Namen typisch für die Gegend waren und mit ihnen auch ein Stück Heimat verschwindet. Ihr Material, wohlgeordnet in neunzehn Aktendeckeln und einer Datenbank, die rund 9500 Personen erfasst hat, ergab den Grundstock für ihr Werk. Jahrelang arbeitete Maria Ostermeier an diesem Buch und erlebte vor allem die letzten sechs Monate, in denen sie sich auch noch mit dem Layout beschäftigte und sich ihr ganzes Leben nur noch um die Fertigstellung der Chronik drehte, als Ausnahmezustand. Auf das nun vorliegende Druckwerk, das 628 Seiten umfasst, 870 Jahre Dorfgeschichte erzählt und alle Anwesen von Kollersried bis in die Gegenwart dokumentiert, darf sie mit Recht stolz sein.

Gab es in der Geschichte des Dorfes irgend eine Besonderheit? Bei dieser Frage muss Ostermeier nicht lang überlegen. „Unsere Kirche St. Jakobus ist ein ganz spezieller Fall. Nachforschungen im Grundbuch ergaben nämlich, dass rund fünfzig Bürger an ihr Eigentumsrechte haben, von denen aber eine ganze Reihe nicht mehr hier ansässig ist.“ Daher bestand die Gefahr, dass der Baulast in Zukunft nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt nachgegangen wird. So fasste der örtliche Kulturverein den Entschluss, die Kirche samt Baulast zu übernehmen. Die einstigen Besitzer willigten in diesen Vorschlag ein, und so hat Kollersried nun deutschlandweit das erste Gotteshaus, das einem Kulturverein gehört.

Für ihre Verdienste um die ländliche Entwicklung in der Oberpfalz erhielt Maria Ostermeier im Herbst vergangenen Jahres bei einem Festakt in Tirschenreuth die Staatsmedaille in Bronze. Amtsleiter Thomas Gollwitzer nannte die Geehrte in seiner Laudatio die „gute Seele von Kollersried“, die sich als Ansprechpartnerin für alle Aufgaben im Dorf bewährt hat. Dabei stellt die opulente Chronik nur ein Teilbereich ihres umfassenden Engagements für die Gemeinschaft dar. Ostermeier half außerdem beim erfolgreichen Gelingen der Flurneuordnung, der Ortserneuerung und der Aktion „Mehr Grün“ in Kollersried aktiv mit. Die Dorfgemeinschaft erhielt sogar einen Sonderpreis im Wettbewerb „Land- und Dorfentwicklung 2012“. Tatkräftig beteiligt sich Ostermeier auch im Kulturverein, bei kirchlichen und weltlichen Veranstaltungen und trägt mit vielen guten Ideen wesentlich zum Wohl ihrer Heimat bei. „Sie ist immer vor Ort, wenn sie gebraucht wird“ fasste Gollwitzer die Leistungen von Maria Ostermeier zusammen. Der Amtsleiter wies darauf hin, dass sich bayernweit in sechshundert Gemeinden mehrere zehntausend Menschen in Arbeitskreisen und Vorständen ehrenamtlich im Dienst der Allgemeinheit engagieren. „Die aktive Bürgergesellschaft ist der Schlüssel und die unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft unseres Landes“ betonte Gollwitzer abschließend.

In Kollersried wurden in den letzten Jahren noch eine Reihe weiterer Projekte ehrenamtlich auf den Weg gebracht: die Bürger bauten sich ein Dorfgemeinschaftshaus in Eigenleistung, genauso einen neuer Dorfplatz mit Pavillon, außerdem einigte man sich auf die Einführung von ortstypischen Namen für die Straßen. Demnächst steht nun der Neubau des Feuerwehrhauses an, bei dem sicher wieder viele mit anpacken werden.

Maria Ostermeier: Chronik der ehemaligen Hofmark Kollersried, Hemau 2008, 628 S., 29,90 Euro; zu beziehen über die Autorin (93155 Hemau-Kollersried, Schanzlweg 16)

Text und Fotos Chr. Riedl-Valder

aus: Altbayerische Heimatpost Nr. 12, 2014, S. 27.

Die Hofmark Kollersried 1965 (Foto: Maria Ostermeier)

Die Hofmark Kollersried 1965 (Foto: Maria Ostermeier)

Kollersried 2014

Kollersried 2014